Ein unlogischer Kühlschrank

    Unsere Küche hat einen großen Nachteil: Der Austausch des Single-Kühlschranks, der seinerzeit in dem Sonderangebot »Küchenzeile, erweiterungsfähig« impliziert war, wurde nie vollzogen.

    Inzwischen sind wir sechs Personen im Haushalt.

    So liegt die Butter auf dem Sahnebecher, auf der Butter die Deckelbox mit der Wurst, auf der Deckelbox mit der Wurst das Paket Tortellini. Rund um den Sahnebecher werden, zur Stabilisierung des Oberbaus, die drei im Anbruch befindlichen Marmeladengläser kreisförmig angeordnet. Die Eiablage war damals sehr schnell im Keller gelandet, um für nie Aufgebrauchtes Platz zu schaffen: die Cumberlandsoße, der Meerrettich im Glas, die Sojasoße, die Worcestersoße, das Tomato-Chutney, das dann doch nicht geschmeckt hat, das Glas Wachteleier, aus dem die letzten drei Eier einfach nicht gebraucht werden, das Glas serbisches Ajvar, das, so scharf wie es ist, nie zu Ende geht. Die Eier haben dafür in der Küche einen Freiluftplatz bekommen.

    Der Platz in der Kühlschranktür, der durch das ausgebaute Butterfach frei geworden ist, beherbergt jetzt eine Flasche Milch und zwei Flaschen Weißbier.

    Da das Flaschenfach in der Kühlschranktür in der Regel blockiert ist durch zwei Flaschen Pils, zwei angebrochene Flaschen Weißwein, eine Flasche Schampus, mehr Platz ist nicht, deshalb steht die zweite Flasche Milch und manchmal auch die dritte (für das Cornflakes-Frühstück der vier Kinder lebensnotwendig) neben dem Sahne-Marmeladen-Butter-Wurst-Tortellini-Turm am Grunde des Kühlschranks, wo wir schon längst die Gemüseschübe entfernt haben. Karotten, Salat, Gurke, Tomaten, Auberginen und Zucchini finden also ihren Platz in einem dreistöckigen Hängekorb seitlich des Kühlschranks. Und wenn es nicht am selben Tag verbraucht wird, hängt es eben noch mehr.

    Die kleine Stufe für das Abtauwasser in unserem Kühlschrank ist mit seinen zehn Zentimetern Zwischenraum der ideale Abstellplatz für Joghurtbecher. Das Tauwasser, das auf dem Joghurtdeckel immer wieder anfriert, hält ihn stets schön frisch.

    Wir kommen zum Ende. Kochreste vom Tag vorher quetschen sich auf einem schmalen Gitterrost, über dem Sahne- bis Tortellini-Turm neben ein Senfglas, und auch die Preiselbeeren stehen hier.

    Täglicher Streit ist unvermeidlich: Warum steht die Milch wieder draußen? Hält denn hier keiner Ordnung? Wo soll ich jetzt bitte das Fleisch hinpacken?

    Ich reihe unseren Kühlschrank ein in die Liste der hundert Baustellen, die angeblich jeder Mensch in seinem Leben hat.

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