Ein Wasserauswurfsystem
Wo ist der Sensor?
Ich stehe vor einem schick aussehenden Rohr in modernem Kupferdesign, das von der Decke herunterhängt, im Waschbecken mündet und mir den Anschein vermittelt, als ob es Wasser dort hinein ergießen könnte.
Ich wollte nur mal schnell meine Trinkflasche mit Wasser auffüllen.
Doch wo ist der Sensor? Hinter dem Hahn? Ach was, den gibt es ja nicht mehr, nein, hinter dem Wasserauswurfsystem? Oberhalb, unterhalb, irgendwo daneben? Oder vielleicht ist er direkt im Waschbecken eingelassen? Nein, auch nicht. Vielleicht an der verkleideten Wand direkt hinter dem Rohr? Oder haben sich die Designer etwas noch Raffinierteres ausgedacht und den Anwerfer des Auswerfers über meinem Kopf angebracht?
Da kommt jemand zur Tür herein und geht schnurstracks in die Toilette. Gleich kommt sie wieder raus. Ich werde sie beim Händewaschen haarscharf beobachten, so wie ich beim Yoga genau auf den Yogalehrer schaue: Wie legt er seine Füße gleich noch mal hin, dass das Verknoten so unangestrengt aussieht?
Bevor ich schauen kann, hat sie die Hände gewaschen und verlässt mit nassen Händen den Waschraum. Immerhin weiß ich jetzt: Es liegt nicht an mangelndem Wasser.
Da fällt mein Blick auf einen Knopf weit oberhalb der Wasserausströmöffnung. Ah, vielleicht hier drücken? Tatsächlich! Ein richtiger Knopf, kein Sensor! Wasser! Doch fließt es nur kurz, das reicht nicht aus, um meine Trinkflasche zu füllen. Ich drücke nochmal. Nein, das ist kein Drückknopf, der etwas in Gang setzt, sondern nur ein dahin designter Knopf. Das kann doch nicht sein! Ich komme mir vor wie in der Wüste, eine Fata Morgana spielt mir eine Oase vor, zum Greifen nah, jedoch – ich muss verdursten.
Langsam, ganz vorsichtig nähert sich meine Hand dem Drückknopf an, von der Seite, von oben, von unten – da, es strömt Wasser heraus! Doch bevor ich mich ausgiebig freuen kann, ist es schon wieder zu Ende.
Meine Trinkflasche habe ich nun zwischen die Knie geklemmt, um beide Hände freizuhaben. Sie kreisen gleichzeitig um den ominösen Knopf. Beschwörend rede ich auf ihn ein: Nun komm schon, gib dein Nass her, nun sei doch nicht so! Dabei schielen meine Augen bis zu meinem sensibilisierten Hinterkopf zur Tür, ob da auch niemand hereingekommen ist und mich für blöd hält. Da, jetzt, das war die richtige Bewegung: Zwei Handbreit Abstand zum Knopf, das animiert den Sensor – also doch Sensor! Wasser! Es läuft. Genüsslich wasche ich meine Hände. Es ist angenehm warm, mmh, fein! Und nun die Flasche darunter gehalten. Doch schon ist die Quelle erneut versiegt. Wieder halte ich bettelnd meine eine Hand vor das Sensorenloch und suche angestrengt den Augenkontakt mit der tieferliegenden Wasserausflussstelle, doch damit hat der Sensor die innige Verbindung mit mir verloren und bockt.
Sanft streiche ich mit der einen Hand um ihn herum, hefte meine Augen auf ihn, im festen Glauben an ihn, betüddele mit der anderen Hand den Rohrausfluss, ja, und das hilft, es fließt! Es fließt! Schnell die Trinkflasche darunter gehalten, es läuft, eine Hand liegt oben, eine Hand unten, wie beim Yoga, ganz entspannt, oder wie beim Kampfsport, und nun die Verbeugung nicht vergessen!
Augenzwinkernd aus dem Alltag
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Den Text „Ein Wasserauswurfsystem“ habe ich aus Das Buch für alle Tage zur Verfügung gestellt.

Wer schreibt hier?
Irmgard Rosina Bauer ist Autorin von Lebens-Reisebüchern und Reiseerzählungen. In ihre Bücher verwebt sie ihre eigenen Lebens- und Reisegeschichten. Sie möchte Frauen Mut im Leben und zum Reisen machen.
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